Grundlagen Digitaltechnik Teil 5

Bisher wurden die grundsätzlichen Funktio­nen und Möglichkeiten digitaler Aufnah­me- und Wiedergabetechnik dargestellt bis hin zu den Eingriffen, die mittels Computer machbar sind. Letzteres führte zu Manipulationen, welche eine ernste Gefahr für das Kulturgut Musik bedeuten.

Musikkultur in Gefahr

Zahlreiche Musikproduktion, insbesondere aus dem Rock-, Pop- und zunehmend auch dem Jazz­bereich werden vielfach durch absolute Überkom­pression und Lautheitswahn klanglich um ein „mehrfaches“ stärker beschädigt, als durch die eher geringen Tonträger- bzw. systemimmanente Klangunterschiede. Das Ausmaß an zusätzlichen Verzerrungen, welche heute u.a. durch „Überkom­pression“ dem Tonmaterial hinzugefügt werden, steht in absolut keinem Verhältnis zu den Bestre­bungen der High-End-Hersteller und deren Kun­den, möglichst immer verzerrungsärmere und bes­sere Wiedergabeelektronik zu produzieren, re­spektive auf Seiten der Hörer zu genießen. Zudem ist es mehr als fraglich, ob heute als Mittel einer wirklich kreativen und sich als nachhaltig heraus­stellenden geschmackvollen Klanggestaltung der­art hohe Verzerrungswerte, wie sie derzeit vieler­orts den Musikproduktionen durch Überkompres­sion oder ein „unsachgemäß“ durchgeführtes Li­miting künstlich hinzugefügt werden, auf Dauer echtem Musikgenuß dienlich sein können? Ich denke nein. Viele der aktuellen überlauten Ton­konserven aus dem Rock- und Pop-Sektor weisen heute Verzerrungswerte in einer Höhe auf, die der Audiotechnik vor mehr als 50 Jahren aufgrund technischer Limitierung noch zwingend anhaftete. Das aktuelle Stichwort dazu heißt „Loundness War“ oder auch „Loudness Race“ und ist eine schleichende Entwicklung, die bereits in den 60er Jahren in der LP-Ära begann: Man denke dabei an die damals sicher lautstärksten Veröffentlichungen des gesamten Tonträgermarktes zurück, die wohl vom amerikanischen Motown-Label stammten, die 70er Jahre und das Auftauchen des Aphex Au­ral Exciter und weiterer „Spezialitäten“, dann die 80er Jahre mit der Einführung der „berühmten“ analogen SSL-Mischkonsole der 4000er Baureihe die in jedem Kanalzug eine Kompressor/Limi­tereinheit besaß und so in der Praxis zu einem wei­teren „Lautstärkegewinn“ führte. Gleichwohl ist gegen einen maßvollen und versierten Einsatz von Kompression und Limiting zu keinem Zeitpunkt etwas einzuwenden gewesen! Es ist zu bedenken, daß zu jener Zeit die A/D-Wandlung vielfach noch mit 16-Bit-Wandlern erfolgte und bei einer Tonaufnahme auch stets Übersteuerungsreserven vom Tonmeister einkalkuliert werden mußten, so daß im Falle der Tonaufzeichnung mit einem 16­Bit- System erst einmal ein Teil der theoretischen Auflösungsfähigkeit für den notwendigen Headroom als Aussteuerungsreserve verlorenging. Um dennoch einen höheren RMS- Pegel dem Wandler zuführen zu können, wurde dieser gegen Über­steuerung mit einem pre-digitalen analogen Limi­ter gegen Übersteuerung geschützt. Das Übersteu­ern von digitalen Wandlereinheiten sollte grund­sätzlich ausgeschlossen werden, denn anders als bei der analogen Bandaufzeichnung, die mit einem akustisch eher „gutmütigen“ Ansteigen des Ver­zerrungsniveaus reagiert, clippen digitale Aufnah­mesysteme beim Eintreten von Übersteuerungen im Extremfall mit eher unmusikalischen Artefak­ten. Im Rock und Pop-Musiksektor setzte man al­lerdings bewußt schon lange vor der Digitalisie­rung der Musikinformation derartige Arbeitsprak­tiken als klanglich erfolgreiches Gestaltungsmittel zur Erhöhung des durchschnittlichen Pegelver­laufs eines Musiksignals ein. Im Klassik- und Jazz­bereich wurde die Limitercharakteristik so ausge­wählt, daß ein kurzfristiges Einfahren in diesen Bereich klanglich praktisch ohne hörbare Folgen blieb, während im Rock- und Pop-Sektor häufig bewußt die Artefakte eines hörbaren Kompressor­- und Limitereinsatzes als Stilmittel zur Aufnahme­ und Klanggestaltung genutzt wurden. Die Digital­technik beflügelte die Tontechnik und führte be­reits in frühen 80er Jahren zum Auftauchen teil­weise „überknalliger“ und verspielter Sounds, die uns heute noch als „laut“ und „spektakulär“ in Er­innerung geblieben sind. Die existierende technische Limitierung der LP „erzog“ die damaligen Produzenten und Tonmei­ster zu einem deutlich weniger überscharfen, un­terdumpfen oder erbärmlich verzerrten Klangbild als die heute im allgemeinen häufig in diesen Ei­genschaften unkritische CD-Technologie. Bei Mu­sikproduktionen für die LP war insbesondere auf S- und Zischlaute zu achten, die auf jeden Fall vor dem Matrizenschnitt mit einem De-Esser „ent­schärft“ werden mußten, da ansonsten die sichere Gefahr des „ungewollten“ Einsetzen des Schneidestrombegrenzers mit seinen akustisch eher un­günstigen Auswirkungen auf das ursprünglich ge­plante Klangbild drohte. Auch mußte ein wirklich gelungener Mix möglichst frei von inkompatiblen tieffrequenten Signalen sein, da auch diese einen erfolgreichen Matrizenschnitt stark gefährden konnten. So ist es kaum verwunderlich, daß die auf Langspielplatte veröffentlich ten „Klangbilder“ nicht selten dem versierten Musikhörer besser als so manch eine heutige Neuproduktion auf CD ge­fallen; eine Folge der angesprochenen Limitierun­gen. Der Distributionstonträger LP nahm seiner­zeit schlußendlich bereits bei der Musikproduk­tion klangästhetische Einflüsse auf die produzier­baren Klangbilder. Mit der Einführung der technisch deutlich perfek­teren CD, welche die vormals bei der Musikpro­duktion für die LP zu beachtenden technischen Li­mitierungen nicht mehr besaß, ging die Umstel­lung der kompletten Tonsignalverarbeitung auf Digitaltechnik und am Ende der Einzug der „Rechnertechnik“ einher. Mit ihrer kaum noch überschaubaren Softwarevielfalt zu Audiosignal­bearbeitung, nähern sich heute viele Musikstücke physikalisch dichter denn je dem weißen Rauschen an! Insgesamt ist das derzeit erreichte Ausmaß an Überkompression und damit einhergehender Ver­zerrungen selbst bei Produktionen ansonsten als kreativ geltender Rock- und Pop-Formationen oft­mals bis über das klanglich genießbare Maß hinaus „verbogen“ und ich wage zu bezweifeln, daß der­artig verzerrte Klangbilder in vielleicht 10 – 20 Jah­ren eine große Chance haben, ein zweites Mal ver­kauft werden zu können. Ein Schelm, wer denkt, daß derzeit „absichtlich“ überkomprirnierte und damit hochverzerrte Klangbilder als „akustisch ästhetischer Kopierschutz“ auf heute gängigen Distributionsmedien verkauft werden, um dann in ein paar Jahren, wenn das Pendel der derzeitigen Loudness- Race- Entwicklung zurückschlägt, die gleichen Platten uns mit einer maß- und ge­schmackvollen dynamischen Bearbeitung einfach ein zweites Mal auf dann gerade wieder „aktu­ellen“ und „neuen“ sogenannten High-Reso­lution- Tonträgern verkaufen zu können. Schon seit einem Vierteljahrhundert steht uns mit der Audio-CD zum ersten Mal in der Geschichte der Tonträger ein Format zur Verfügung, welches bei sachgemäßem Gebrauch über Jahrzehnte ohne Verschleißerscheinungen oder Qualitätseinbußen einsatzbereit bleibt, und zudem in der Lage ist, faktisch das fertig bearbeitete Masterband klang­lich vollends an den Hörer weiterreichen zu kön­nen. Wenn durch das eigentliche Distributions­medium keine praktisch relevanten Grenzen mehr existieren, könnte der Gedankengang naheliegen, daß man durch grundsätzlich alternierende klang- verändernde Maßnahmen bewährter Klassiker neue Anreize zum Verkauf – insbesondere des ständig wachsenden Backkataloges – auszulösen versucht. Eigens für den High-Ender wurden dazu in letzter Zeit neue, sehr teure CD-Reihen kreiert mit phantasievollen Bezeichnungen wie Blue­spec-CD, SHM-CD, XRCD oder HQCD. Diese CDs entsprechen vollends dem Red-Book-CD­Standard und bleiben damit natürlich auf jedem handelsüblichen CD-Player abspielbar. Nicht sel­ten handelt es sich bei diesen CD-Veröffent­lichungen lediglich um eine etwas maßvoller laut­gemach te „High-End – Edelvarian te“ der „leiseren“ Original-CD-Ausgabe. Oftmals wird u.a. durch ein „sanfteres“ Einfahren des Tonsignals in die Limi­ter der Aufnahme nochmal ca. 3 dB an Lautstärke, allerdings auf Kosten des Gesamtdynamikum­fanges, „geschenkt“. Je höher die Qualität des per­sönlich verwendeten Wiedergabe-Equipments allerdings ist, desto nervtötender kann der Klang dieser neuen CD-Kreationen auf Dauer dem Hö­rer erscheinen. Schon für den gegenüber den Original-CD-Ausgaben aufgewendeten Mehrpreis von 100 – 130 dieser „Spezial-CDs“ bekommt der Kunde qualitativ hochwertige D/ A-Wandler, die die dynamische „Nachberabeitung“ dieser Spezial­masterings klanglich obsolet macht. Nach laut, lauter, am lautesten und einem Maximum damit einhergehender Verzerrungen, wird, am Ende der Fahnenstange erst einmal angelangt, nichts anderes mehr überbleiben, als relativierend wieder den Rückweg in die entgegengesetzte Richtung anzu­treten …

An dieser Stelle möchte ich Ihnen einige ernüch­ternde Zahlen zu den auf unseren High-Tech­Tonträgern (CD: 98 dB digitale Systemdynamik) tatsächlich genutzten Dynamikwerte nennen:

Michael Jackson „Bad“, 1987: 12,7 dB;

REM „Losing my Religion“, 1 991: 12,3 dB; Soundgarden „Black Hole Sun“, 1994: ca. 10 dB; Eagle Eye Cherry „Save Tonight“, 1997: 4 dB; Red Hot Chilis „Californication“, 1999: 3 dB; Herbert Grönemeyer „Mensch“, 2002 ca. 9,5 dB (auf SACD erschienen);

Madonna „Hang Up“, 2005: 7 dB;

Cold Play „Viva La Vida“, 2008: ca. 6,5 dB; Radiopilot „Surfen“, 2008: 3 dB;

Metallica Magnetic Death, 2008: 5 – 6 dB.

Es stellt sich hier ernstlich die Frage, welchen Wert die aufwendigen Bemühungen um theoretisch immer „bessere“ Tonträgerformate mit immer größerem technisch möglichen Dynamikumfang überhaupt haben, wenn Musik durch unsachgemä­ßen Gebrauch von Loudness- Maximizer und Brickwall-Begrenzer auf ein absolutes Minimum an Restdynamik „zusammengepreßt“ wird, ein Schlagzeug wie ein Pappkarton klingt, und viele weitere klangliche Details dabei einfach niedergemacht werden. Derartige „Bearbeitungsfortschritte“ dienen lediglich der Erhöhung der akustischen Verwendbarkeit von Musik auf technisch-aku­stisch zweifelhaft ausgelegten portablen Musik­systemen. Verbleibt derzeit nur der Bereich der klassischen Musik, der ohne Einsatz leidiger Kom­pression dem Kunden noch ein hochwertiges Klangprodukt zur Verfügung stellt? Zweifel sind angebracht: auch hier beginnt man bereits zu ma­nipulieren.  Ein aufschlußreiches Beispiel bietet der Vergleich zwischen zwei vermeintlich identischen klassi­schen Veröffentlichungen der Decca SXL 6355: Albeniz, Suite Espanola. Ersteres Diagramm zeigt die Digitalisierung einer LP-Nachpressung, die direkt von den analogen Decca-Masterbändern produziert wurde, das zweite Diagramm die Li­zenzveröffentlichung eines speziell auf die Kun­dengruppe der High-Ender ausgerichteten Labels, das auf sogenannten „Spezial-CDs“ veröffent­licht, die aber exakt dem Red-Book-Standard einer „regulären“ und handelsüblichen Audio-CD ent­sprechen. Bei der Masse dieser „Spezial-CDs“ handelt es sich vielfach lediglich um phantasiean­regende Handels- bzw; Marketingbezeichnungen für eine an sich normale Audio-CD. Klar erkenn­bar besitzt ausgerechnet die speziell für High-En­der produzierte „High-End-CD-Ausgabe“ eine um etwa 4 dB verminderte Dynamik gegenüber der von den originalen Masterbändern produzier­ten LP bzw. deren 1: 1- Digitalisierung. Sehen Sie mal auf Seite 44/45 nach … Es soll Hörer geben, die dem Klangbild dieser lizensierten, dynamisch komprimierten Spezialveröffentlichung sogar eine deutlich erhöhte dynamische Bandbreite – beson­ders im feindynamischen Bereich – und auch weni­ger Schärfe im Klangbild attestieren; und es gibt in der Tat auch reichlich vermeintlich edel aufge­machtes Audioequipment, welches diesen klang­lichen Eindruck nähren könnte … Verantwortlich zeichnet für diesen Fehleindruck eher eine fehler­hafte reproduktionstechnische Limitierung inner­halb der in diesen „Hörfällen“ zum Einsatz kom­menden Abhörketten – und oft genug stellte sich der jeweils verwendete Lautsprecher als primärer Problempunkt dar. Unter Verwendung von wirk­lich highendiger Abhörtechnik wird eine derartige dynamische Bearbeitung des Tonmaterials sofort hörbar! Der Tonmeister ist bei seiner Arbeit aller­dings zwingend auf das genaue Hören der klang­lichen Aus- bzw. Rückwirkung seines Tuns angewiesen, und ähnlich wie ein Uhrmacher beim Zu­sammenbau eines komplexen mechanischen Uhr­werkes das passende Werkzeug und eine optisch richtig zeichnende Lupe für die korrekte Aus­führung seiner Arbeit benötigt, ist der Tonmeister insbesondere bei der Produktion von High-End-­Aufnahmen auf wirklich korrektes und die tat­sächliche klangliche Realität abbildendes Au­dioequipment angewiesen: Er muß die tatsächlich auf dem Masterband gespeicherte Toninfor­mation exakt, schnell und untrügerisch für seine Arbeitsausführung beurteilen können. Genau über derartiges Equipment abgehört, fällt die die Ge­samtdynamik einschränkende Berarbeitung jener sogenannten High-End-Remasterings dann auch sofort negativ auf! Mehr als schade, begann doch die wegweisende und sehr edle Aufmachung und Verpackung dieser Spezial-CD mit ihrem textilbe­schichteten Pappschuber und den kunststofflami­nierten Innenseiten dem Autor doch gerade be­sonders gut zu gefallen … Am Ende ist es tief be­dauerlich, daß die tonale Qualität des Lizenz­Remasterings offensichtlich nicht mit der wegwei­senden Verpackung und Optik mithalten kann.

Multichannel

Mono-Stereo-Surround: Das Hoffnungsformat Surround wird vielerorts von der Musikindustrie mit bedenklichen 5-Kanal-Simulationen gefüttert, die nichts von den klangästhetischen Chancen die­ses Formates mehr erahnen lassen, und deren Stereomix-Originale besser klingen als die oftmals preisgünstig hergestellten Mehrkanal-Zweitver­wertungen. Eine hochwertige und wirklich kreati­ve Produktion von echten Multikanalaudioauf­nahmen erfordert oftmals einen nicht unerheb­lichen zeitlichen Mehraufwand und damit weitere Kosten in einer Welt, die heute mehr denn je auf „kurzfristig denkende“ Kosteneffizienz getrimmt ist. Müssen oder können wir einen Beethoven oder Brahms sinnvoll mit echtem künstlerischen Mehrwert auf Multichannel „aufbrezeln“, oder bietet sich dafür nicht vielmehr der Bereich der modernen oder noch aktiven Komponisten für Multichannel-Musikaufnahmeprojekte an, in de­nen der Komponist von vorneherein „Multichannelbedürfnisse“ in seiner Partitur vorgesehen hat?

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt. .. , bemerkte schon der Autor und Nobelpreisträger Hermann Hesse in seinem Stu­fen-Gedicht. Jeder wird sich an die Anfänge der Stereoaufnahmetechnik mit den bekannten und heute eher lustig wirkenden Stereo-Ping-Pong-Ef­fekten erinnern. Es wird noch einige Zeit lang ei­nen festen Willen zum weiteren experimentellen Umgang mit der dagegen jüngeren Materie Mul­tichannel erfordern, bis das Thema der Chancen und Möglichkeiten in aller Breite richtig begriffen werden kann. Daher darf einer neuen Technologie anfängliche „Fehlanwendungen bzw.Fehlverwen­dungen“ nicht pauschal angelastet werden. Es gibt heute bereits interessante Multichannelansätze aus dem Bereich der kleinen unabhängigen Label ­sowie aus Produktionen des öffentlich-rechtlichen Rundfunksektors – und es bleibt gespannt abzu­warten, für welche Musik- und Tonproduktionen Multichannel-Veröffentlichungen am Ende denn einen wirklichen künstlerischen Mehrwert darstel­len können.

Zur Misere des heutigen Musik-Geschäfts stellt sich die Frage, ob nicht durch die ausschließliche und scheinbar bedingungslose Anvisierung des Dollarzeichens seitens der Musikindustrie, die Mu­sikkultur, die Kunst und die Kreativität bereits großen Schaden genommen haben und deren Umsatz- und Gewinneinbußen nichts anderes als die konkrete monetäre Bezifferung dieses von ihr selbst verursachten Schadens darstellt … ? So bleibt es auch am Rande einmal zu hinterfragen, inwie­weit eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit ih­rem vierteljährlichen „Quartalsergebnis- und Kennzahlenstreß“ in der Lage sein kann, ausrei­chende Freiräume zu ermöglichen, in denen wirk­lich kreativ-künstlerische Auseinandersetzung mit der Musik und deren Weiterentwicklung über­haupt stattfinden kann.

Abschließende Gedanken

In der gesamten hundertjährigen Geschichte der Tonaufzeichnung gab es nie zuvor potentiell der­art vielfältige Möglichkeiten zur kre1tiven Klang­gestaltung und Produktion wie heute. Fragen wir lieber, was es heute nicht mehr gibt, wenn am En­de der Produktion auf Wunsch der Musikindustrie und deren Manager das mühevoll ausbalancierte Klangbild nach aberwitzigem Einsatz von Ma­sterkompression und Brickwall-Limiting vollends zerstört wird … Als Lichtblick und Retter aus der für die Freunde klanglich und interpretato­risch rundum hochwertiger Musikproduktionen könnten sich in Zukunft die eher kleinen, unab­hängigen Spezial-Label und auch der öffentlich-­rechtliche Rundfunk erweisen, die sich dazu voll­ends der Qualitätsproduktion von Musik ver­schreiben sollten. Echte Kreativität ist und bleibt kein auf Knopfdruck abrufbares oder zeitlich fest einplanbares Gut. Gleichwohl könnten ordentli­che und sinnvolle Grundlagenbedingungen der Kreativität im positiven Sinne förderlich sein. Schlußendlich bleibt zu bemerken, daß es dem Menschen eigentlich schon seit vielen tausend Jahren bekannt sein müßte, daß am Ende nur das geerntet werden kann, was am Anfang zur Aussaat kam – und Bäume, die scheinbar bis unendlich in den Himmel wachsen, dürften auch auf Erden noch nicht erblickt worden sein.

Eine vielleicht häretische Anmerkung zum Schluß:

Dank für das Überleben und Verbreiten der Musik eines Vivaldi, Mozart oder Beethovens – um nur einige zu nennen – bis hin in unser heutiges Zeit­alter, ist in erster Linie Generationen von be­geisterten (und begeisternden!) Musikern, Orche­stern und deren Zuhörern zu zollen … und weni­ger der geschichtlich deutlich jüngeren Tonträge­rindustrie.

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